März

März -Über Sonne, Schnee, Aktionen und Umbruch

- Von Johanna

 

Das mit dem Frühling scheint so eine Sache zu sein. An einem Tag arbeiten wir im Langarmshirt bei schönstem Sonnenschein und am nächsten klatscht uns der Schneeregen ins Gesicht. Zuweilen wurden diese tageweisen Wetterwechsel auch schon auf innerhalb eines Tages verkürzt und das Wetter wechselte vier Mal von Sonne zu Schnee, Graupel oder Hagel. Dabei ist noch gar nicht April! An jenem Tag, an dem das Wetter besonders verrückt spielte waren wir im Os bei Süderbrarup zugange und mähten mit dem Freischneider am dortigen Hang. Das Os besteht aus mehreren feuchten Flächen, die an einem kleinen See liegen. Durch die Flächen zieht sich ein Hang, der durch die Gletscherbewegungen in der letzten Eiszeit entstanden ist. Streckenweise ist er ziemlich zugewachsen mit jungen Weiden, Kartoffelrose, Schwarzdorn und Eichenschösslingen und nachdem wir, wie ihr im Februar Eintrag lesen konntet, die steilsten Stellen schon mithilfe von Heckenteufeln freigelegt hatten, verbrachten wir nun einige Tage damit das Gestrüpp mit Freischneidern an den weniger steilen Stellen abzumähen. Wobei weniger steil nicht unbedingt flach bedeutet und wir nun Meister im Bergsteigen mit Freischneider an der Seite sind. Das Os ist mit seinem Trockenrasen und den Heideflächen Lebensraum für viele darauf spezialisierte Insektenarten und auch seltene Pflanzen, die an nährstoffarmen Boden angepasst sind, gedeihen hier. Damit diese Pflanzen nicht verschattet werden und der Lebensraumtyp erhalten bleibt müssen die Gestrüppe regelmäßig weichen. Mit jedem Mal, das die Weiden und Eichen abgemäht werden bleibt jedoch der unterste knorrige Rest stehen und treibt immer wieder neu von neuem aus. Die Jungs haben erzählt, dass die Südseite des Hanges, die mittlerweile komplett frei von Gestrüpp ist, vor einigen Jahren auch noch so überwuchert war wie die Nordseite. Damals hatten sie die Weiden und Eichensträucher mitsamt Wurzeln aus der Erde gezogen, um die Fläche endgültig offen zu halten. Mit dieser Taktik gingen wir nun auch an den Nordhang heran. Da alles gemäht war konnten wir nun erkennen, wo sich die Wurzelballen befanden und begannen mit Spaten die ersten Wurzeln darunter freizulegen. Zum Glück ist die Erde auf dem Hang recht locker und sandig und wir kamen gut voran. Um die Wurzeln legte Üwi anschließend eine dicke Eisenkette, die er am Seil der Seilwinde befestigte, mit der wir die Stuppen aus dem Boden zogen. Über die Jahre hatten die Stümpfe, die über der Erde so klein und harmlos aussehen ein beträchtliches Wurzelwerk entwickelt und die herausgezogenen Ballen muteten Riesenkraken mit langen Tentakeln an. Der Hang sah aus, als hätte dort eine Horde Riesenwildschweine gewütet, doch nachdem wir die Löcher wieder zugeschüttet und den Hang mit Rechen und Plackhacken wieder geebnet hatten konnten wir uns immerhin vorstellen, dass er im Frühling, wenn im wahrsten Sinne des Wortes „Gras über die Sache wächst“ wie der Südhang aussehen wird.

Eine weitere Aktion, die im Os stattfand war das Entkusseln am Rand eines Teiches, der an einer der Flächen neben dem Hang liegt. Die Uferregion war dicht mit jungen Weiden bewachsen, welche wir mit Heckenteufeln abschnitten, sie anschließend mit Gurten zusammenzurrten und mit dem Kettendumper von der Fläche schleiften. Ob eines der Weidenbündel sich dabei an einem Baum verhakten und wir es zu dritt unter Ziehen und Zerren befreien mussten? – Niemals! Die Weiden liegen nun vorerst auf einer kleineren Fläche näher am Weg, von wo wir sie später einfacher einsammeln können. Mit dem Entkusseln wären wir deutlich schneller vorangekommen, wenn wir die Weiden einfach alle mit einer Kettensäge abgesäbelt hätten, da im Mai jedoch die offizielle Brutsaison beginnt ist die Arbeit mit lauten Kettensägen nicht gern gesehen und als Teil einer Naturschutzbehörde möchten wir natürlich mit gutem Beispiel voran gehen. Der Lärm würde eventuell brütende Vögel stören, oder sie davon abhalten sich im Lärmgebiet ein Nest zu bauen, was zugunsten des Bruterfolges, den wir so sorgfältig zu fördern versuchen, natürlich vermieden werden soll.

Über den Monat hinweg fiel diesmal auch einiges an „Kleinkram“ an, den wir an einzelnen Tagen erledigen konnten: Bei einer Tour um die Birk, um den Bestand in den Flyerkästen aufzustocken, konnten wir einige wunderschöne mit Hundekotbeuteln vollgestopfte Flyerkästen bewundern, bei deren Drapierung, auch um die Flyerkästen herum, sich einige Hundebesitzer offensichtlich große Mühe gegeben hatten. Außerdem durften wir etwas hübsch arrangierten Müll aus ein paar anderen Flyerkästen fischen und die Ignoranz bewundern, mit der manche Menschen ihre Zigarettenstummel AUF die Flyer in den Kästen legen. Aber besonders wenn noch Flyer in den Kästen stehen ist es natürlich leicht sie mit einem Mülleimer zu verwechseln. Doch Moment…daneben steht ja eine große Infotafel, die den Flyern ziemlich ähnlich sieht…. Machen wir uns darüber lieber keine Gedanken und hoffen, dass unsere Strategie funktioniert: Da es nicht das erste Mal ist, dass in Flyerkästen und darum herum Kunstwerke der fragwürdigen Art auftauchen möchten wir nun einmal zeigen, was passiert, wenn wir diesen Müll nicht einsammeln. (Denn dafür sind wir nicht da!) Wir lassen die Müllsituation eskalieren, was in manchen Fällen bereits jetzt sehr „gut“ funktioniert und hoffen, dass die Menschen bei diesem Anblick begreifen, dass sie Ihren inneren Picasso nicht in den Flyerkästen in einem Naturschutzgebiet auszuleben haben. Masterplan-Schritt Zwei: Als ob wir nicht genug anderes zu tun hätten drehen wir eine Runde, um all den Müll und die Kotbeutel einzusammeln – Yippeejayay – und hoffen, dass die Kunstaktion genug Eindruck hinterlassen hat um die Menschen im Weiteren von dergleichen abzuhalten. Sollte sich diese Hoffnung nicht erfüllen klang bereits an, dass die Birk wie schon einmal für Besucher gesperrt werden muss. Die Kotbeutel sind nämlich nicht nur in und um Flyerkästen verteilt, sondern hängen ins Gebüsch geworfen zwischen Dornen, baumeln von Ästen und sitzen allein am Wegesrand, um auf nie wiederkehrende Besitzer zu warten. Aber vorerst dürfen wir hoffen, dass der Plan aufgeht, da es wirklich schade wäre den Besuchern die Birk zu verwehren, die keine wandelnden Müllschleudern sind.

Nun aber zu etwas Erfreulicherem: Die Planung für den Landesaktionstag, die seit dem Letzten FÖJ-Gruppensprechertreffen im Dezember am Laufen ist hat sich vollends gelohnt. Einen letzten Planungshöhepunkt gab es beim dritten Gruppensprechertreffen diesen Monat, bei dem wir in den zweieinhalb Tagen so viel schafften, dass wir neben einem Haufen erledigter FÖJ-Organisation am Ende stolz auf zahlreiche Banner und Plakate für den Aktionstag zum Thema Artensterben blicken konnten, sowie auf mehrere Statement-Texte unter Anderem zum Thema Ostsee Nationalpark und einer Vergünstigung des 49 Euro Tickets für Freiwillige. Die Plakate und Banner teilten wir für den Aktionstag unter den Städten Flensburg, Lübeck und Kiel auf, in denen wir Infostände geplant hatten und auch für Saatgut zum Verteilen hatten wir gesorgt. Neben Saatbomben mit regionalem Saatgut, die noch von einer Aktion in einer unserer Einsatzstellen übrig waren und einem Zuschuss an Saatgut von einer unserer lieben Nachbarinnen hatten wir eine großzügige Spende von 200 Tütchen Saatgut mit Ursprungsgebiet Schleswig Holstein von Rieger-Hofmann GmbH erhalten, das wir an den Ständen in den Innenstädten an Passanten verteilten. Bei recht kühlem und leider auch nassem Wetter standen wir in Flensburg auf dem Nordermarkt und waren sehr froh über unseren Pavillon, der immerhin ein kleines trockenes Viereck bot. Glücklicherweise hörte der Regen irgendwann auf unsere Flyer zu durchweichen und wir konnten einige Menschen an unserem Stand begrüßen und viele Saatbomben verteilen.

Eine weitere Aktion diesen Monat war der Bau eines 80m2 großen Brutfloßes, vor Allem für Seeschwalben, das wir bei der Schleimündung im Naturschutzgebiet Oehe Schleimünde bauten. Nebenbei bemerkt das größte in ganz Schleswig-Holstein! Gemeinsam mit den FÖJlern von Schleimünde und einigen Helfern von der Stiftung Naturschutz wurde massig Material, das wir zum Teil bereits davor in unserer Werkhalle so weit wie möglich zusammengebaut hatten in das Gebiet gebracht, und zu einem  Floß zusammengesetzt, auf dem man glatt ein Haus hätte bauen können. Das Floß legten wir mit Vlies aus und beluden es anschließend mit tonnenweise Kies und Muschelschalen. Mit zwei Ankern wurde das Floß am Grund der Schlei fixiert und ist nun bereit für den Einzug der Seeschwalben.

Neben der Arbeit und Aktionen gab es in diesem Monat hohen Besuch: Delphine aus dem letzten Jahrgang verbrachte ein Wochenende hier und gemeinsam machten wir eine wunderschöne Radtour bei Sonnenschein über die Birk und statteten den Pferden einen Besuch ab. Auch eine nächtliche Jagd auf dem Ansitz mit Üwi und anschließendes Ein-Uhr-Käsefondue durften nicht fehlen. Delphines Besuch führte mir leider einmal mehr vor Augen, dass die Zeit hier irgendwann vorbei ist und seit wir über die Hälfte hinaus sind fliegt die Zeit noch schneller vorbei. Viele haben in den letzten Wochen gefragt, wieviel Zeit denn noch bleibt und wenn ich erzähle, dass im August der Wechsel zum nächsten Jahrgang stattfindet, kommt meist der böse Satz: „Ach! Dann ist es ja schon fast vorbei!“ – Autsch. Ich möchte gar nicht daran denken, wie es ist, wenn ich morgens nichtmehr rüber in die Station gehen, mich in den Türrahmen lehnen und Üwi, Steffi und Tommi sehen kann, wie sie in Tommis Büro den ersten Kaffee trinken. Paula und ich merken beide, dass es bereits jetzt ziemlich wehtut daran zu denken und daher fokussieren wir uns umso mehr darauf, dass es immer noch 4 Monate sind, die uns hier auf der Birk bei den Jungs bleiben und es eben noch NICHT vorbei ist. Gegen Ende des Monats hatten wir schon die ersten Bewerbungsgespräche für den nächsten Jahrgang mit einigen tollen Bewerbern und diese Woche haben wir uns final für unsere drei Favoriten entschieden. Richtig gelesen, im nächsten Jahrgang sollen wieder drei FÖJler die Birk unsicher machen :) Nun aber steht für uns beide erstmal das vierte der fünf FÖJ-Seminare an: Das Segelseminar. Eine Woche lang werden Paula und ich jeweils auf einem Segelschiff verbringen, diesmal nicht im Rahmen unserer bisherigen Seminargruppe, sondern zusammengewürfelt mit Menschen aller Seminargruppen. Ich starte als erste und am Montag geht es für mich an Bord der Lovis, mit der von Kappeln aus gestartet wird, wo wir am Ende auch wieder landen. Wohin es uns in der Zwischenzeit verschlägt ist offen; wie der Wind weht so segeln wir. Ich hoffe, dass wir es nach Dänemark schaffen, aber genaueres kann ich berichten, wenn wir wieder hier sind. Vielleicht bezwingen wir ja sogar das eine oder andere Seeungeheuer ;)

Eine zauberhafte Frühlingszeit euch, Frohe Ostern und bis zum nächsten Mal!