Dezember

Und dann war es auf einmal Dezember und wir nicht mehr auf der Möweninsel. So froh ich war, nicht mehr zwischen Eisschollen im Wasser stehen zu müssen, so war es doch ein ziemlicher Umbruch. Nach einem ganzen Monat, in dem man sich jeden Tag mit demselben Projekt auseinandergesetzt hatte, schien es, als müssten wir uns erstmal wieder umschauen, was denn sonst gerade so an Arbeit anstand.
Hier schreibt übrigens wieder Julia. :)
Weil die Birk größtenteils immer noch unter Wasser steht und die Tiere nur wenig Weideflächen zur Verfügung haben, halfen wir Bunde Wischen ein paar Mal beim Zufüttern.
Außerdem sollten die Galloways auf eine andere Fläche über den Wanderweg getrieben werden. Wir verteilten uns also an allen Wegkreuzungen, damit möglichen Ausreißmöglichkeiten und versperrten sie an anderen Stellen mit einem Netzzaun. Und dann zog die Herde los, dem Trecker mit einer Gabelschaufel voll Heu hinterher. Ganz am Ende bildete ich durch den Schnee stiefelnd den Abschluss unserer kleinen Karawane und passte auf, dass auch die trödelnden Kälber den Anschluss nicht verloren.
Noch am selben Tag kam es dazu, dass wir die im August renovierte Fanganlage das erste Mal verwendeten. Denn einerseits mussten einige Kälber noch mit Ohrmarken ausgestattet werden, andererseits mussten ein paar Tiere aus der Herde genommen werden, weil aktuell zu wenig nicht-überschwemmte Fläche für die Zahl an Galloways vorhanden ist. Die Einfangaktion verlief zum Glück entspannt und recht schnell. Kiwi und Hanne, ein Mitarbeiter von Bunde Wischen, trieben in Abständen immer ein paar Galloways in Richtung Treibegang, neben dem ich stand und hin und her sprang um die verschiedenen Klappen abwechselnd zu öffnen und schließen. Lilli verließ die Nummern der Ohrmarken, die Gilbert (ein anderer Bunde Wischen- Mitarbeiter) auf seiner Liste kontrollierte. Nur ein paar wenige Kühe waren nicht so begeistert und bockten ein wenig. Aber auch die konnte Gilbert mithilfe seiner Flirtskills schließlich überzeugen durch den Treibegang zu laufen. Ein wahrer Kuhflüsterer!
Auch die Koniks sollten auf eine andere Fläche ziehen, allerdings wollten wir davor noch den Tracker, den ein Pferd immer um den Hals trägt, wechseln. Normalerweise ist das kein Problem und die Koniks nehmen ihn für eine ordentliche Streicheleinheit an.
Nur waren die Koniks durch den geringen Kontakt zu uns im November etwas scheu geworden und mussten sich erst einmal wieder an uns gewöhnen. Wir fuhren also mehrere Male raus zu ihnen, liefen durch die Herde und versuchten einem Tier nach dem anderen den Tracker am Hals zu befestigen.  Nach dem ca. fünften Mal Rausfahren hat es dann endlich geklappt!
Die Fanganlage kam im Dezember gleich zweimal zum Einsatz. Die offizielle Einfangaktion der Koniks, die normalerweise immer im November stattfindet und dieses Jahr aber aufgrund der Sturmflut verschoben werden musste, wird erst im Januar stattfinden. Aber weil ein paar Tiere verletzungsbedingt rausgenommen werden mussten, planten wir eine kleinere Einfangaktion noch im Dezember durchzuführen.
So kam es, dass Kiwi uns während einer Mittagspause anrief und uns mitteilte, dass sie es geschafft hatte, die Koniks in den Vorfang zu locken. Essen wurde also abgebrochen und wir fuhren stattdessen zur Fanganlage. Auch hier verlief zum Glück alles ohne Probleme.
Zwei, drei Tage im Dezember verbrachten wir auch damit die Scheune auf der Birk aufzuräumen, um Platz zu schaffen für die Sandsäcke, die Anfang November am Deichdurchbruch verwendet wurden. Damals wurde nämlich am Deichdurchbruch ein Stück freigeschaufelt, damit das Wasser aus der Birk wieder in die Ostsee fließen kann und diese Stelle wurde mit Sandsäcken abgesichert.
Das Aufräumen war auch mehr als überfällig, überall fanden wir verschiedene ominöse Holz-, oder Drahtreste, bei denen niemand so wirklich wusste, woher sie kamen und warum die überhaupt noch hier lagen. Das hintere Tor zur Scheune war auch so zugewachsen, dass Üwi das ganze Gestrüpp mit der Schaufel des Treckers wegziehen musste, damit man den Hintereingang überhaupt nutzen kann.
Bei einer der Fütteraktionen fuhr Kiwi das Heu mit dem kleinen neuen Trecker von Bunde Wischen zu den Galloways. Wir wollten mit dabei sein, Anna ergatterte von uns drein als erste den zweiten Platz im Trecker. Nebenherlaufen wollten Lilli und ich aber nicht. Der Boden war völlig durchmatscht und wir konnte uns noch zu gut daran erinnern, wie Anna auf der Möweninsel mit ihrem Gummistiefel im Matsch stecken blieb und im nächsten Moment barfuß im Schlamm stand. Also hielten wir uns rechts und links am Trecker fest und dümpelten so zu den Rindern. Nur war der Weg dorthin schaukliger und mit mehr Hindernissen versehen als wir erwartet hatten und zuerst musste Lilli abspringen, um nicht komplett durch einen Busch gezogen zu werden und dann wurde ich noch von einem tiefer hängenden Ast halb erschlagen.
Danach setzten wir uns lieber auf ein Weidetor und warteten bis die anderen beiden fertig waren.
Ende Dezember nahmen wir uns noch vor den kleinsten Wanderweg, den Krötenweg, soweit es geht wieder begehbar zu machen. Dafür schaufelten wir erst einmal das auf den Weg gespülte Schilf zur Seite. Während Lilli und Tommi danach Müll aufsammelten, zogen Anna und ich los, mit einer Sackkarre bewaffnet, um die ganzen vom Strand an den Weg gespülten Holz-Bänke und Tische zum Anhänger zu bewegen. Nur ist eine Sackkarre nicht wirklich für sperrige Bänke geeignet. Wir probierten alle erdenklichen Positionen aus, um die Bank irgendwie auf die viel zu kleine Abstellplatte zu stellen. Und als es dann schließlich so halbwegs stabil war, mussten wir nach ein paar Metern, die wir noch irgendwie hinter uns brachten, einsehen, dass die kleinen Räder der Sackkarre nicht für matschigen, unebenen Untergrund ausgelegt waren.
Schließlich schleppten wir die Bänke mit ach und Krach einfach per Hand zum Anhänger und schlossen uns danach dem Müllsammeltrupp an.
Der Dezember war arbeitstechnisch gesehen zwar nicht so ereignisreich, dafür hatten wir so aber genug Energie, um uns mithilfe von Weihnachtsfeiern und Plätzchenbacken auf Weihnachten einzustimmen. Am Nikolaustag erwies sich außerdem ein Mythos, an den wir Jahre lang geglaubt hatten als unwahr: Der Nikolaus befüllt auch ungeputzte Schuhe!
An unserem letzten Sonntag, den wir noch zusammen in Falshöft verbrachten, feierten wir zu viert sogar noch ein kleines Vorweihnachten, das aus einem improvisierten Weihanchtsessen, Bescherung und Lebkuchenhausbauen und -verzieren bestand.
Außerdem war wieder genug Zeit für zahlreiche Filmabende, Geburtstagsfeiern, Trips nach Flensburg und am ersten Dezemberwochenende fuhren wir sogar für zwei Tage nach Ribe in Dänemark, was wirklich richtig schön war, bestimmt der weihnachtlichste erste Advent in meinem Leben.
Am 21. Dezember war es dann so weit und wir trennten uns das erste Mal seit Beginn des FÖJs für länger als eine Woche, um die Feiertage bei uns zuhause zu verbringen.
Mittlerweile ist es schon 2024, ich wieder in Falshöft und wirklich mehr als gespannt darauf, was das neue Jahr so bringen wird.
Und damit: Bis bald! :)